«Tönet ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!»
Begleitet von einem versierten Orchester interpretierte an zwei Konzertabenden die Basler Münsterkantorei Johann Sebastian Bachs monumentales Weihnachtsoratorium.
Streng genommen handelt es sich beim Weihnachtsoratorium BWV 248 von Johann Sebastian Bach (1685-1750) gar nicht um ein Oratorium sondern um einen Zyklus von sechs Kantaten, den Bach für die drei Weihnachtstage 1734/35 geschrieben hat. Dass Bach beim Schreiben dieses Werkes häufig auf Chöre und Arien zurückgriff, die er zuvor schon in weltlichen Werken verwendet hatte - der bekannte Eingangschor «Jauchzet, frohlocket» beispielsweise hat er dem Eingangschor der Glückwunschkantate BWV 214 «Tönet ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!» entnommen - ist ihm wiederholt zum Vorwurf gemacht worden, wobei übersehen wird, dass das sogenannte Parodieverfahren, dass wiederverwenden von vorhandenem Tonmaterial beim Komponieren neuer Werke über viele Jahrhunderte bis in Bachs Zeit eine Selbstverständlichkeit war.
Auf zwei statt auf drei Konzertabende hatte die Basler Münsterkantorei seine Aufführung dieses umfangreichen Werkes im Basler Münster reduziert. Unter der Leitung von Stefan Beltinger und begleitet von einem versiert klingenden, vorwiegend mit historisierenden Instrumenten bestückten Orchester eröffnete die Basler Münsterkantorei am ersten Abend das Konzert mit dem locker und beschwingt vorgetragenen Eingangschor «Jauchzet, frohlocket». Danach setzte der Tenor Sebastian Hübner mit klarer, schlanker und gut verständlicher Stimme ein, um in der Rolle des Evangelisten darüber zu berichten, wie Maria und Joseph sich auf Befehl des Kaiser Augustus nach Bethlehem begaben, um sich zählen zu lassen.
Auf ein Recitativo folgte die Alt-Arie «Bereite dich Zion», die mit volltönend-warmer Stimme von Christina Merz vorgetragen wurde. Auch die wenig später folgende Arie «Grosser Herr, o starker König» wurde vom Baß Marcus Niedermeyr kraftvoll gesungen, im tiefsten Register allerdings wirkte seine Stimme etwas schwach und unsicher. Ambivalent schließlich auch der Sopran Christine Esser, der zwar mit schöner Stimme sang, die Verständlichkeit des Textes aber oft in ein schwer verständliches Nuscheln untergehen lies.
Nicht hoch genug kann die Leistung des Orchesters mit seinen teilweise aus dem Kammerorchester Basel und dem Capriccio Basel zusammengestellten Mitgliedern gelobt werden. Nahezu makellos - einzig in den Blechbläsern waren ein, zwei Mal kleine Intonationstrübungen zu hören - und mit mitreißendend-pulsendem Schwung interpretierte das Ensemble diese großartige Musik.
Nachdem in der 2. Kantate ein Engel die Hirten auf die Geburt Jesu hingewiesen hatte, folgte das eindrücklich von der Basler Münsterkantorei gesungene Jubilieren der Heerscharen der Engel mit seiner melismareichen Tutti-Fuge «Ehre sei Gott in der Höhe.» In der 3. Kantate schließlich der eigentliche Höhepunkt des Oratoriums, die Anbetung des Kindes durch die Hirten in der Christnacht.
Der zweite Konzertabend eröffnete mit der 4. Kantate, wo Jesus beschnitten wird, gefolgt vom 5. und 6. Teil mit der bekannten Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenland, die das Christuskind anbeteten und dem bösen Herodes, der das Kind ermorden will. Begleitet von feierlichen Paukenklängen und schallenden Trompeten schloss die Münsterkantorei Basel diese eindrückliche Interpretation des Bach’schen Weihnachtsoratoriums mit dem Schlusschoral, in dem Jesus als Überwinder von «Tod, Teufel, Sünd und Hölle» beschrieben wird.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung