Tango durchweht von anderen Winden
Eine gelungene Mischung von klassischem Tango mit modernen rhythmischen, har-monischen und melodischen Elementen sowie Elektronik präsentierte das «Orquesta Otros Aires» aus Buenos Aires.
«Santa Maria del Buen Ayer - Heilige Maria des Guten Windes» lautet der Name einer Schutzheiligen der Seefahrer, bei der sich die Gründer einer Neusiedlung für die günstigen Wetterbedingungen am RÃo de la Plata bedankten, indem sie ihren Ort Buenos Aires (Gute Winde) tauften. Ende des 19. Jahrhunderts dann mauserte sich die inzwischen zur Kapitale Argentiniens gewordene Stadt zum Geburtsort des Tangos. Und wenn sich nun einen Band «Orquesta Otros Aires» (Andere Winde) nennt, ist es wohl nicht schwer zu erraten, woher diese Band kommt. Richtig, aus Buenos Aires.
Eben diese vierköpfige Band spielte am zweiten Tag des OsterTango 2008, dem in-zwischen zur festen Basler Institution gewordenen alljährlichen Tangofestival um die Osterzeit. Jedoch im Unterschied zu den Konzerten der vergangenen Jahre im Grossen Saal des Volkshaus Basel konnte diesmal bei diesem Event getanzt werde. Und auch wenn Otros Aires eine recht moderne Form des Tangos darbot, artete die Musik nie in abstrakte Konzertmusik aus, zu der kaum noch getanzt werden kann, wie dass beim Tango Nuevo oft der Fall ist.
Im Gegenteil, nachdem vor dem Konzert noch viele der adrett gekleideten Damen in der Vorhalle und im Konzertsaal selber damit beschäftigt waren, ihre Turnschuhe oder schwerfälligen Stiefel auszuziehen und ihre zierlichen Füssen in mit hohen Stiftabsätzen bewehrte Riemchenpumps zu stecken, dauerte es nur wenige Minuten und das erste Paar wagte sich unter beifälligem Murmeln des Publikums auf die Tanzfläche. Und schon bald herrschte auf dem Parkett ein bezauberndes, schön anzusehendes Drehen und Schieben, bei dem jedes Paar zu einer vereinten Zweiheit mit einem ganz persönlichen Stil verschmolz, wobei viele der Damen sich der Führung ihres Tanzpartners anvertrauend mit geschlossenen Augen sich vollkommen in die Anatomie der Bewegung fallen ließen. Wären viele Paare eher dem Tango de Salón verpflichtet langsam-gemessen mit Bedacht auf Eleganz tanzten, wirbelten ein paar wenige eher im Stile des Tango Oriellero, dem wilden, explosiven Tanzstil aus den ärmlichen Vororten von Buenos Aires durch den Raum.
Mit fast kammermusikalisch zartem und unaufdringlichem Sound begleitete Otros Aires die wiegenden Paare. Zurückhalten der Gesang von Miguel di Genova, kompetent die harmonische und melodische Untermalung durch Pianist Diego Ramos, anregend die mit sparsam eingesetzten mit Synthesizer-Klängen unterlegten Rhythmen der Perkussionisten Manu Mayol und natürlich fehlte auch das klassischste Tangoinstrument überhaupt, das Bandoneón nicht, das von Omar Massa versiert gespielt wurde. Und wenn auch die Band öfters das Halbe-zwei-Viertel-Rhythmusschema des klassischen Tangos verließ und recht eigenwillige Rhythmen spielte, die gelegentlich ein Teil der Paare etwas zu irritieren schien, drückten die Tänzer trotzdem dem «Orquesta Otros Aires» ihre große Dankbarkeit für ein gelungenes Konzert aus, indem sie die Band am Schluß dreimal mit großem Applaus zu Zugaben zurück auf die Bühne holten.
Erschienen in der Basellandschaflichen Zeitung