Eine verrückte Zeitreise
Der Doyen des deutschen Kabaretts Klaus Peter Schreiner stellte sein derzeitiges Programm vor.
Keine aktuellen Themen habe er in seinem derzeitigen Programm zu bieten, erklärte der Doyen des deutschen Kabaretts, Klaus Peter Schreiner bei seinem Aufritt im Theater im Teufelhof Basel. Zu schwachsinnig sei das, was momentan in der deutschen Politik ablaufe, da würde es sich nicht lohnen, näher darauf einzugehen. Mal abgesehen davon, dass jede Generation glaubt, mit den miesesten Politikern geschlagen zu sein, wurde es in Schreiners Produktion «Einmal Deutschland und zurück» trotzdem keinen Moment langweilig, bot doch der altgediente, 1930 geborene Kabarettist eine ungemein reichhaltige Tour d’horizon durch mehr als ein halbes Jahrhundert deutschen Kabaretts. Klaus Peter Schreiner, der 1952 seine Laufbahn begann und mit namhaften Meistern der Satire wie Hanns-Dieter Hüsch, Dieter Hildebrand und Gerhard Polt zusammenarbeitet hat, hatte als Hausautor für die «Münchner Lach- und Schiessgesellschaft» sowie als Texter für Fernsehsendungen wie «Notizen aus der Provinz» und «Scheibenwischer» immer wieder Schlüsselpositionen im deutschen Kabarett der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts inne.
Schreiners amüsante Zeitreise reichte weit zurück in die Zeiten des Kalten Krieges zwischen Ost und West, wo er beispielsweise das damals geteilte Westdeutschland auf der Karte um 90 Grad drehte, so dass der Norden im Westen lag und an Frankreich grenzte sowie Bayern und Baden-Württemberg im Osten zu liegen kamen, was den einleuchtenden Vorteil mit sich brachte, dass die damalige Bundesrepublik Deutschland besser gegen den heranmarschierenden sowjetischen Feind aus dem Osten verteidigt werden konnte: erstens sei die Grenze so wesentlich kürzer, zweitens bildeten die Bayrischen Alpen und die schwäbische Alb einen natürlichen Schutzwall und drittens würden die besonders patriotischen Bayern und Schwaben die abschreckende Wirkung auf den Feind im Osten noch zusätzlich verstärken. Aus finanziellen Gründen sei dieses Projekt damals aber gescheiter.
Viele dieser wunderbar-skurrilen Einfälle trug Schreiner mit einem phänomenalen Gefühl die Schönheit der deutschen Sprache als längere Gedichte vor. Andere Themen wiederum behandelte er in Dialogform, wo er geschickt in die Rollen zweier miteinander disputierender Personen schlüpfte und so eine Vielzahl der Probleme ansprach, die die deutsche Politik und Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten beschäftigte. Von der Computer- und Kommunikationsmanie über die Niveaulosigkeit des Fernsehens hin zur Korrumpierung von Wirtschaft und Politik, kaum ein Gebiet, dass Schreiner nicht ansprach.
Nicht selten blieb einem dabei auch das Lachen im Halse stecken wie beispielsweise der Sketch, wo er eine Liste für das Pflegepersonal in Geriatrischen Kliniken vortrug: 10 Minuten für Waschen, 5 Minuten für Betten, 10 Minuten für Zimmerreinigung etc. Besondere Höhepunkte aber bildeten die Märchen, die Schreiner in Buchform herausgegeben hat und von denen er mehrere vorlas. Als Vorlagen dieser wild-wuchernden Geschichten verwendete Schreiner klassische Märchen wie «Der Wolf und die sieben Geisslein» oder «Sindbad der Seefahrer», die er dann allerdings oft in die Gegenwart versetzte und mit den Verrücktheiten und Auswüchsen unserer modernen Gesellschaft ausschmückte. Dies alles trug der 78-jährige mit solch einer Eloquenz und Sicherheit vor, die Ehrfurcht erregte. Wir wollen hoffen, dass Klaus Peter Schreiner seine aufklärerische Tätigkeit noch viele Jahre weiter ausüben kann.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung