Ein erfolgreicher Auftakt
Jazzfestival Basel 2010 / Nach einem erfolgreichen Auftakt widmete sich das Jazzfestival Basel vorwiegend dem ‚kammermusikalisch’ geprägten Jazz.
Auf einen erfolgreichen Anfang vermag das Jazzfestival Basel zurückblicken, kamen doch mehr als 2’300 Zuschauer an dessen ersten beiden Konzerte mit dem Akkordeonisten Richard Galliano sowie Goran Bregović mit seinem Wedding and Funeral Orchestra. Nach dem amerikanischen Gitarristen Jim Hall und dem tunesischen Oud-Spieler Anouar Brahem, kam schliesslich mit dem Westschweizer Jazzmusiker Thierry Lang auch das heimische Jazzschaffen zum Zuge.
Schon seit längerem beschäftigt sich Pianist Lang mit dem Werk des welschen Priester und Komponisten Joseph «Abbé» Bovet, der dank seines legendären Volksliedes «Le Vieux Chalet» auch in der Deutschen Schweiz Berühmtheit erlangt hat. Bei seinem Konzert im Schauspielhaus Basel präsentierte Thierry Lang mit seinem «Lyoba»-Septett die Früchte seiner Arbeit. Ungewöhnlich bei diesem Projekt war, dass neben Langs Jazztrio mit Trompeter Mattieu Michel und Bassist Heiri Kaenzig auch vier Violoncellos mitwirkten.
Beim Hören der Musik diese Ensembles glaubte man sich dann wiederholt auf idyllischen Heiden in den schönen Schweizer Alpen versetzt. Im Besonderen wenn bekannte Bovet-Melodien wie «Le Ranz des Vaches», «A Moléson» und natürlich das «Le Vieux Chalet» erklangen, bekam die Musik einen runden, fast schon pastoralen Touch voller idyllischer Harmonie, die selbst die Herzen hartgesottenster Antipatrioten erweicht haben dürfte.
Von ganz anderem Kaliber war da die Musik des Klavierduos Joachim Kühn und Michael Wollny, das am gleichen Abend ebenfalls im Basler Schauspielhaus aufspielte. Zwar waren auch da mal zarte, fast impressionistisch angehauchte Klänge zu hören, dennoch überwogen die intensiv in die Tasten konturierten Partien. Oft spielten die beiden Musiker wechselseitig alleine, ohne Begleitung des Partners, wobei auffiel, dass der Altmeister Jochim Kühn mit Wurzeln im europäischen Free Jazz der 1960er Jahre, wesentlich kantiger und ‚schwärzer’ spielte, als sein jüngerer Kollege Michael Wollny, bei dessen runderen, gepflegteren Klavierspiel gelegentlich die klassische Konservatoriumsausbildung durchdrückte. Meistens aber spielten die beiden Pianisten gemeinsam, trieben sich mal gegenseitig mit groovenden Riffs oder mit minimalistisch wirkenden Tonstrukturen vorwärts oder schufen mit wolkigen Clustern oder direktem Anzupfen der Saiten im Klavier suggestive Stimmungen.
In den folgenden Tagen ging es dann in der Gare du Nord im Basler Badischen Bahnhof weiter, wo neben diversen teilweise auf erstaunlich hohem Niveau spielenden Bands der Jazzschule Basel auch der Jazz für Trioformationen zum Zuge kam. Der 1970 geborene amerikanische Gitarrist Kurt Rosenwinkel stand da als erster mit seinem Trio auf der Bühne. Der von seinen beiden Mitmusikern Eric Revis auf dem Bass und Drummer Eric Harland versiert begleitete Rosenwinkel überzeugte nicht nur mit seiner brillant perlenden Technik auf seiner Gitarre, auch sein erstaunlich kreativer Umgang mit dem Tonmaterial verblüffte, obwohl er sich meist eher in ,klassischen’ Tonskalen bewegte und relativ selten chromatisch-schräg neben den Akkorden bewegte. Reminiszenzen an die grossen amerikanischen Gitarristen John Scofield und Pat Metheny waren dabei kein Zufall, gehören doch die beiden Cracks zu Rosenwinkels Vorbildern. Jedoch auch wenn Rosenwinkel nuanciert mit dem Tonmaterial umzugehen verstand, stellte sich doch mit der Zeit ein wenig das Gefühl von Langeweile ein, was wohl daran lag, dass der Gitarrist in den schnellen Soli seine Phrasen fast ausschliesslich in schnellen Achteln spielte, die er kaum rhythmisch aufbrach.
Ganz anders der polnische Pianist Marcin Wasilewsky, der mit seinem Trio mit Slawomir Kurkiewicz am Bass und Michal Miskiewicz an den Drums den folgenden Abend in der Gare du Nord bestritt. Im Unterschied zu Rosenwinkel brach der mit nicht minder brillanter Fingertechnik ausgestattete Wasilewsky variantenreich die Achtelsketten rhythmisch auf, was wohl einer der Hauptgründe gewesen sein dürfte, dass es dem Trio gelang, vollumfänglich zu überzeugen. Der zweite Grund dürfte die Fähigkeit des Trios gewesen sein, mit facettenreichen Akkordverbindungen und plastischer Gestaltungskraft einzigartige Klangsphären zu schaffen, die unter die Haut gingen.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung