Ein Hauch von milden Zigarren und altem Whisky
Stimmen-Festival 2010/Die US-amerikanische Sängerin Norah Jones vermochte mit ihrer fünfköpfigen Band und einem relativ rockigen Programm auf dem Lörracher Marktplatz zu überzeugen.
Es kommt nicht selten vor, dass Kinder berühmter Künstler Erfolge feiern, die sie vermutlich in erster Linie ihrem grossen Namen verdanken. Es gibt allerdings auch immer wieder Fälle, wo umgekehrt Kinder trotz gefeierten Eltern allein auf Grund ihres Könnens anerkannte Künstler werden. Die 1979 in New York als Tochter von Susan Jones und dem weltberühmten indischen Sitarvirtuosen Ravi Shankar geborene Norah Jones darf mit Sicherheit zur zweiten Kategorie gerechnet werden.
Dass die Sängerin wirklich was drauf hat, bewies sie auf dem Marktplatz von Lörrach, wo sie im Rahmen des Festivals Stimmen 2010 ihr Können unter Beweis stellte. Vor dem Auftritt des Stars allerdings bemühte sich noch die talentierte, mit expressiver Stimme begabte Sängerin Sasha Dobson als Support dem Publikum einzuheizen. Ihre Soloperformance, bei der sie sich selber auf ihrer E-Gitarre begleitend ein paar Songs vortrug, wirkte allerdings etwas schlaff und leidenschaftslos. Mehr zu überzeugen vermochte die Sängerin im anschliessenden Main Act, wo sie als Backing-Vokalistin mit ihrer hohen, eher schlanken Stimme den Gesang von Norah Jones kontrastreich unterstützte.
Dass der Star des Abends Norah Jones mit ihrer fünfköpfigen Begleitband mehrheitlich ruhigere, balladeske Songs zum Besten gab, dürfte wohl niemand ernsthaft überrascht haben, gilt die Sängerin doch seit der Veröffentlichung ihrer ersten CD «Come Away With Me» (2002) als Spezialistin gefühlvoll gesungener Balladen. Neben den ruhigeren Songs, die der Star mit seiner leicht rauchigen Stimme mit ihrem etwas abgedunkelten Timbre ausdrucksstark vortrug, waren aber auch immer mal wieder fetzigere Rhythmen zu hören wie im «Even Though» oder im «Young Blood». Fast schon zu einem feurigen Rhythmusspektakel geriet das Stück «It’s Gonna Be», in dem die Vokalistin Sasha Dobson zu Drumsticks griff, um auf einem Satz Toms das Spiel des Drummers Joey Waronker mit zusätzlichen Beats zu intensivieren.
Waren die meisten der gespielten Songs auf der neusten, eher rockig ausgefallenen CD von Norah Jones «The Fall» zu finden, durften natürlich auch ein paar Klassiker aus dem älteren Repertoire der Sängerin nicht fehlen. Im Besonderen die Stücke von ihrer ersten und wohl auch besten CD «Come Away With Me» wie der Ohrwurm «Lonestar» stiessen beim Publikum auf besonders starke Resonanz. Grösster Abräumer aber dürfte der wohl berühmteste Song der Sängerin «Don’t Know Why» gewesen sein. Sich selber auf einem Klavier begleitend trug sie diese subtile Ballade solo vor, wodurch die Musik einen intimen und dennoch intensiven Touch erhielt, der das Bedürfnis nach einem grossen, tiefen Ledersessel, einer milden kubanischen Zigarre und einem Glas mit altem, rauchigem Tennessee-Whisky aufkommen liess.
Nicht nur Norah Jones, die regelmässig von der Gitarre zum Piano und zurück wechselte, auch die anderen Bandmitglieder griffen immer wieder zu anderen Instrumenten, was der Musik zusätzliche Farbigkeit verlieh. Weniger nach jedermanns Geschmack dürfte allerdings die starke Anlehnung an die Country Music gewesen sein, die in vielen der gespielten Songs durchschimmerte. Das als Zugabe unplugged nur auf akustischen Instrumenten vorgetragene, hinreissend im Chor gesungene «Creepin’ In» allerdings dürfte bei jedem im Publikum Begeisterung ausgelöst haben, auch wenn bei dieser Version die grelle, vollbusige Country-Sängerin Dolly Parton fehlte, mit der Norah Jones den Song einst auf ihrer CD «Feels Like Home» eingespielt hat.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung