Hohes Risiko, tiefer Absturz
Im Basler «Winterzauber» brachten die Schauspieler Charlotte Heinimann und Roland Herrmann eine Baseldeutsche Version des Fernsehklassikers «Dinner for One» auf die Bühne.
Einem nicht minderen Risiko des Scheiterns setzten sich die Schauspielerin Charlotte Heinimann und der Schauspieler Roland Herrmann mit einem speziellen Projekt auf der Bühne des auf dem Messeplatz Basel domizilierten «Winterzaubers» aus: Sie brachten eine auf Baseldeutsch erstellte Adaption des Fernsehklassikers «Der 90. Geburtstag oder Dinner for One» zur Aufführung.
Das 1963 vom NDR-Fernsehen in englischer Sprache gedrehte 18-minütige Komödienstück hat sich gemäss Guinness-Buch der Rekorde in den vergangenen Jahrzehnten zum «weltweit am häufigsten wiederholte Fernsehproduktion» gemausert und wird regelmässig zu Silvester oft mehrmals von vielen deutschsprachigen Fernsehstationen ausgestrahlt. Das Stück lebt in erster Linie von der umwerfenden, gänzlich unkopierbaren Komik des Hauptdarstellers Freddie Frinton in der Hauptrolle des dusseligen Butlers James, der seine von der Schauspielerin May Warden dargestellte Arbeitgeberin Miss Sophie anlässlich ihres 90. Geburtstages bedienen muss.
Dass dieses Kleinod einzigartiger Comedy nicht eins zu eins kopiert werden kann, war den beiden erfahrenen Schauspielern Charlotte Heinimann, bekannt vor allem durch ihre Nebenrollen in diversen Kommissar Hunkeler-Filmen, und Roland Herrmann, der sich in Produktionen wie «Café Bâle» und «Lüthi und Blanc» eine Namen gemacht hat, offensichtlich nur bedingt klar. Immerhin wurde ide Handlung in einen noblen Skiressort verlegt, wo der unter freiem Himmel in einem Skianzug gekleidete James die in Pelz gehüllte Frau Vischer alias Miss Sophie bedient und das legendäre auf dem Boden liegende Tigerfell, über dessen Schädel im Original Freddie Frinton insgesamt elf Mal stolpert, wurde durch das ‚Fell’ und den Kopf eines Schneemanns ersetzt. Neben Frau Vischer wurden auch die Namen der vier verstorbenen Freunde der Hausherrin in Schweizer Namen geändert. Nur James blieb James, was sich allerdings als problematisch erwies, ist doch gerade dieser Name hochgradig mit dem Originalschauspieler Freddie Frinton konnotiert (der Name Johann wäre vielleicht angebrachter gewesen).
Als noch problematischer erwies sich die relativ frei gestaltete Übersetzung des englischen Originaltextes ins Baseldeutsche; zu sehr wurde die Übertragung mit billigen Zoten angereichter. Die im Original nur selten und sehr zart gemachten
erotischen Andeutungen des Originaltextes wurden in abgeschmackte Hau-drauf-Wortspielereien umgewandelt wie beispielsweise Verbalisierungen des Worts «Vogel». Gezwungen originell eingebaute Zungenbrecher wie «Fischers Fritz fischt frische Fische» als Andeutung auf die Figur Frau Vischer machten die Sache auch nicht besser.
Dass der Schauspieler Roland Herrmann bei der Umsetzung der einzelnen Sketches keine seinen darstellerischen Möglichkeiten entsprechenden Anpassungen vorgenommen hat, erwies sich als weiterer Minuspunkt: als zu bescheiden erwiesen sich da seine Darbietungen im Vergleich zum Original Freddie Frinton (die seltenen Lacher im Publikum mögen als Beleg für dieses Urteil dienen). Wenn er beispielsweise als Brigadier von Grafenried seine dick mit Watte ausgepolsterten Moonboots zusammen puffen liess, um anschliessend von Schmerz gepeinigt auf der Bühne herumzuhüpfen, konnte man ihm dies einfach nicht abnehmen. Fazit: Hoch das Risiko, tief der Absturz.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung