Wenig Bereitschaft zum Risiko
Neben dem Violinisten Boris Brovtsyn vermochte das Sinfonieorchester Basel nicht zuletzt dank der zupackenden Leitung des Dirigenten Domingo Hindoyan zu überzeugen.
Ohne Zweifel verfügte der deutsche Tonsetzer Felix Mendelssohn Bartholdy über ein besonders glückliches Händchen für süffige Kompositionen, die auch höchsten Qualitätsansprüchen problemlos zu genügen vermögen. Und dass dabei die Ouvertüre h-Moll, op. 26, bekannt als «Hebriden-Ouvertüre» zu den Spitzenreitern gehört, konnte man anlässlich eines Coop Abonnement-Konzert des Sinfonieorchesters Basel im Grossen Musiksaal des Stadtcasinos Basel erfahren. Zwar stellte die Wiedergabe dieses musikalischen Bilderbogens mit seinen atmosphärischen Anregungen aus der Natur nicht gerade die Spitze der Interpretationskunst dar, das Spiel der Holzbläser wirkte streckenweise etwas farblos, vermochten aber immerhin die mit beherzter Souplesse spielenden Streicher des Orchesters umfänglich zu überzeugen.
Bei der anschliessend interpretierten «Schottischen Fantasie» Es-Dur, op. 46 für Violine und Orchester von Max Bruch (1838-1920) allerdings flogen die ausgerissenen Bäume nicht gerade durch den erwürdigen Konzertsaal. Allein das Orchester begleitete solide, das war nicht das Problem. Das bis auf den letzten Ton überkorrekt wirkende Spiel des Solisten Boris Brovtsyn war es, das keine rechte Freude aufkommen liess. Nicht die geringste Bereitschaft zum Risiko seitens des Violinisten war da zu verspüren: kaum je ein frecher Schleifer, wenig wahrnehmbare Agogik war da wahrzunehmen, die der an sich schon etwas blutleeren Komposition von Bruch hätte Feuer einzuhauchen vermögen. Die Chance, diesem Werk mit einer zarten Prise Zigeunergeige à la hongroise mehr Würze zu verleihen, wurde vom Solisten Boris Brovtsyn leider vertan.
Mehr als entschädigt für diese etwas dünn ausgefallene Darbietung wurde man durch eine mitreissende Interpretation von Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92, was nicht zuletzt ein Verdienst der zupackenden Leitung des Dirigenten Domingo Hindoyan gewesen sein dürfte. Das junge Talent stamm aus dem gleichen Treibhaus «El Sistema» mit seinen über 125 staatlich geförderten Jugendorchestern in Venezuela, dem schon die schillernde Pflanze Gustavo Dudamel entwachsen ist. Neben dem 2. Satz von Beethovens Sinfonie, den der Dirigent und das Orchester mit glühender Emphase aufluden, hob einen im Besonderen der mit hinreissendem Drive gespielte 3. Satz mit seinen perfekt gespielten Trillermotiven schier aus den Sitzen. Mit furioser Rasanz interpretierte das Sinfonieorchester Basel schliesslich den letzten Satz dieses brillanten Werks und setzte damit dem Konzert einen gelungenen Schlusspunkt.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung