Wirbelnde Bein und rotierende Körper
Mit einem reichhaltigen Programm vermochte einmal mehr die Tangoschule Basel mit ihrem Festival Ostertango ihr Publikum in den Bann zu schlagen.
Ein aparter Anblick bot sich beim Betreten der Vorhalle zum grossen Festsaal des Volkshauses Basel: da sah man adrett bis hin zu verführerisch gekleidete Damen jeden Alters damit beschäftigt, ihre Strassenschuhe oder ihre unförmigen Stiefel auszuziehen, um anschliessend aus den Handtaschen hochhackige, bunte Tanzschuhe herauszuklauben und diese über die Füsse zu ziehen. Aufgekratzt stolzierten dann die majestätischen Frauen Richtung Festsaal, um dort mit ihren Galanen auf der Tanzfläche ihre Runden zu schieben.
Und als dann wenig später die aus Argentinien aufgebotenen Band Otros Aires ihre auf wilden Techno-Beats basierenden Riffs und Rhythmen in den Saal pfefferten, konnte man fasziniert beobachten, wie jedes dieser Paare seinen ganz persönlichen Tanzstil auslebte: teils fast meditativ in dezentem Fliessen kreisend, andere wiederum in weit ausladenden Bewegungen rotierend drehten die Tanzpaare durch den Raum.
Mit der Absicht den Tango zu erneuern, wurde die Band Otros Aires 2003 von Miguel Di Génova in Buenos Aires gegründet. Da wurden frech den klassischen Tangoklängen und Harmonien des Pianos und des Bandoneons mittels auf einem Laptop generierten Techno-Beats unterlegt, womit es der Band gelang, ihre Musik mit kantiger Energie aufzuladen. Der Bezug zur grossen Vergangenheit des Tangos wiederum knüpfte Otros Aires durch raffiniert eingebaute kurze Samplings alter Tangomeister, die beschwörend repetiert wurden.
Divergierende Tangoperformances
Am folgenden Abend im Schauspielhaus des Theaters Basel konnte einmal mehr erfahren, wie zentral im magischen Kosmos Tango die Verknüpfung von Musik und Tanz ist. In dieser unter dem Titel «Tango Tracks» laufenden Show zeigten vier Tangopaar Tanzperformances, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Pendelte das erste Paar Gastón Torelli und Moira Castellano mit seiner Darbietung «Domestcame» zwischen innovativem Modern Dance und Tango, integrierte das Paar Paolo Pugliese und Noel Strazza in seinen eindrücklichen, mit Komik aufgeladenen Kampf der Geschlechter Videosequenzen mit schrägen Elementen des surrealen Theaters. Ganz anders das Konzept des dritten Paars Milena Plebs und David Palo in «La voz de tus zapatos», in dem ausschliesslich der klassische Tangotanz mit seinen ausladenden Beinbewegungen und dem artistisch durch die Luft gewirbelten Frauenkörper zum Zuge kam.
Den Abschluss bildete das Paar Ruben und Sabrina Veliz mit der humorvoll inszenierten Performance «T-Connections». Auf einem Video findet in einer fernen Zukunft nach einem schrecklichen Krieg Agent 206 alter Dokumente, anhand derer er die Geschichte des Tangos rekonstruierte. Souverän tanzte dazwischen das Tanzpaar Veliz live auf der Bühne einzelne stilistische Episoden dieser reichen Geschichte.
Nicht nur unter den Tango-Aficionados, die aus ganz Europa, ja sogar aus dem fernen Hongkong extra anreisen, um bei diesem Event dabei zu sein, auch unter den professionellen Tangotänzern aus Argentinien gilt das Tango Festival Basel wegen seiner grossen Vielfalt als eines der Besten weltweit. So wurde noch im Volkshaus in der grossen Tango Party zu den hinreissenden Klängen des Sexteo Soledad aus Russland zu der Tradition des klassischen Tangos abgetanzt während Cineasten gleich mehrmals im Kino Camera den informativen Film «Tango Among Friends» geniessen konnten. Dass daneben noch viele Einführungs- und Fortsetzungskurse in den Tango angeboten wurden, erübrigt sich. Gut besucht sei das Festival gewesen, meinte abschliessend Cheforganisator Peter Mötteli und nicht zuletzt habe das schöne Wette wesentlich zur guten Stimmung unter den Besuchern beigetragen.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung