Wilde Glissandi und schräge Fanfaren
Mit seinem aktuellen Programm «Matterhorn Matters» beendete die George Gruntz Concert Jazz Band ihre Schweizer Tournee im Schauspielhaus Basel.
Wenn’s nicht so traurig währ, wär’s zum lachen: Vier jungen Kandidatinnen zur Miss Schweizwahl 2009 scheiterten bei den Wissensfragen an der Aufgabe, auf einem Bild das weltweit berühmteste Wahrzeichen der Schweiz, das Matterhorn zu erkennen. Der zumindest in Jazzkreisen ebenfalls weltberühmte Basler Jazzmusiker, Arrangeur und Bandleader George Gruntz fand diesen Umstand so erstaunlich, dass er beschloss, dieses Versagen musikalisch zu verarbeiten: Er schrieb für seine George Gruntz Concert Jazz Band eine längere, suitenartige Komposition mit dem Titel «Matterhorn Matters».
Zum Abschluss seiner Tour zum 40-jährigen Jubiläum seiner Concert Jazz Band gastierte George Gruntz und seine Band mit seinem aktuellen Programm «Matterhorn Matters» im Schauspielhaus Basel, wo die Band auch das Stück gleichen Namens spielte. Fast marschmässig begleitet stieg die Band mit zwei schrägen, von wilden Glissandi eingeleiteten Fanfaren in das Stück ein, um wenig später in ein urkomisches Solo des US-amerikanischen Tuba-Spielers Howard Johnson überzugehen. Komplexe Begleitriffs der Bläser setzten ein, die schliesslich in das klassische Schweizer Volkslied «Lueget vo Berg und Tal» mündeten, das Arrangeur Gruntz allerdings dermassen mit Dissonanzen bestückt hatte, dass es vermutlich nicht wenigen heimatliebenden Parlamentarier im Bundeshaus Bauchgrimmen verursacht hätte.
Unvermittelt legte Bassist Ariel Volinez mit einem knackigen Funkriff los, über das die Bläsersektion schrille, rhythmisch vertrackte Bläserfiguren legte. Nach einem mit mächtigem Ton geblasenen, an Intensität kaum überbietbaren Solo des Tenorsaxophonisten Sal Giorgianni schliesslich der Höhepunkt des Stücks mit einem phänomenalen Solo, in dem der italienische Akkordeonist Luciano Biondini seine Finger mit fieberndem Furor über die kleinen Tasten seines Instruments wirbeln liess.
Jede einzelne Musikerin, jeder Musiker dieser exzeptionellen Band verdiente unbedingte Erwähnung, was aus Platzgründen leider kaum möglich ist: Angefangen bei der US-amerikanischen Trompeterin Tanya Darby über Jeff Stockham, der mit unglaublicher Virtuosität sowohl die Trompete als auch das Waldhorn zu spielen verstand, hin zum jungen Schweizer Trombonisten René Mosele und zum bärbeissigen Tenorsaxer Andy Scherrer, inklusive dem ehemaligen Blood, Sweat and Tears-Mitglied Dave Bargeron an der Trombone, um nur einige willkürlich zu nennen.
Alle diese Musiker sind Ausnahmekünstler, die George Gruntz zu einer Einheit zusammen schweisste, mit der er seine exzentrischen Arrangements in der Tradition eines Stan Kenton oder Gil Evans zu Gehör brachte. Tunes wie etwa die Garry Willis-Ballade «The Everlasting Night», der Jazz-Meilenstein «Impressions» von John Coltrane oder selbst ein Kinderliedchen wie das ebenfalls von Coltrane populär gemachte «My Favorites Things» wurden da zu hochwertigen Klanggebäude veredelt, die ihresgleichen suchen.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung