Nach allen Regen der Kunst
Jazzfestival Basel 2012 - Mit kultiviert gespieltem Bob-Jazz auf höchstem Niveau eröffnete die Branford Marsalis Group das aktuelle Jazzfestival Basel vom 19. April bis 6./15. Mai 2012.
Tief in die Tradition des Jazzsaxophons tauchte er ein mit seinem Quartett, der Saxophonist Branford Marsalis beim Galakonzert zur Eröffnung des Jazzfestivals Basel 2012 im Musiksaal des Stadtcasinos Basel. Nachdem der Basler Regierungspräsident Dr. Guy Morin ein paar Worte zur grossen Bedeutung des Jazzfestivals für die Basler Kulturszene gesprochen hatte, legte die Branford Marsalis Group mit dem Stück «The Mighty Sword» los. Mit erstaunlichem Druck, der neben dem Bassspiel von Eric Revis vor allem auf dem Powerplay des der gerade mal 21 Lenze zählenden Drummers Justin Faulkner beruhte, wuchtete die Band diesen Titel in den Saal. Marsalis wiederum interpretierte dieses einem rassigen Post Bob verpflichteten Stück mit eher kultiviertem Ton auf dem Sopransaxophon.
Und wenn Marsalis zum Tenorsaxophon griff und einen Jazzstandard wie der legendäre Irving Berlin-Klassiker «Cheek to Cheek» interpretierte, griff der Solist tief in seinen Zitatenschatz des Jazzsaxophonspiels. Waren in diesem Tune immer mal wieder Phrasen zu hören, die an Saxophon-Legenden wie Coleman Hawkins oder Lester Young erinnerten, honkte Marsalis im Thelonious Monk-Titel «Teo» mit mächtigem Sound auf seinem Instrument wie einst Illinois Jacquet oder Paul Gonsalves. In den diversen ruhigen, lyrisch-sensibel gespielten Stücken schliesslich wie dem «La Valse Kendall» bewegte sich der Saxophonist mit einem heute nur noch selten zu hörenden, intensiven Vibrato in der Balladen-Tradition eines Ben Websters. Gerade in solchen elegischen Tunes aber vermochte auch Pianist Joey Calderazzo durch sein einfühlsam poetisches Spiel mit seinen impressionistisch anmutenden pianistischen Klangmalereien zu beeindrucken. Perfekt nach allen Regeln der Kunst gespielter, kultivierter Bob-Jazz auf allerhöchstem Niveau war das, bei dem allerdings Liebhaber eines modernen, kantig-frechen Saxophonspiels wohl eher nicht auf ihre Kosten gekommen sein dürften.
Bildete die Branford Marsalis Group einen ersten Höhepunkt im Programm des Jazzfestivals Basel, geht es heute abend im ähnlich gepflegtem Stil mit der jazzbasiertes Singer-Songwriting Madeleine Peyroux weiter. Und morgen Sonntag steht neben dem kraftvoll agierenden Basler Jazztrio Vein mit dem Gastmusiker Dave Liebman am Saxophon ein besonderer musikalischer Leckerbissen auf dem Programm: die portugiesische Fado-Sängerin Christina Branco, die schon vor drei Jahren das Publikum des Jazzfestivals Basel mit ihrem expressiven Gesang begeistert hatte. Neben der französischen Newcomerin Céline Bonacina, die seit zwei, drei Jahren durch ihr kerniges Spiel auf dem Baritonsaxophon auffällt (Dienstag, 24. April) und Gitarren-Altmeister John Abercombie (Mittwoch, 25. April) darf man vor allem auf die «Italian Night» mit Roberto Gatto und Gianluca Petrella im Ackermannshof Basel gespannt sein. Zart gesponnene kubanische Rhythmen wird man von Roberto Fonsecas «Yo» zu hören bekommen (Samstag, 28. April), während das dem legendären Saxophonisten John Coltran gewidmete Projekt «Dig my Trane», das der Basler Big Band-Leader George Gruntz mit der NDR Bigband erarbeitet hat, mit Sicherheit ein weiterer Höhepunkt diese Festivals bilden wird (30. April). (Weiter Infos zum Programm des Festivals finden sich unter www.jazzfestivalbasel.ch.)
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung