Petrus hatte ein Einsehen
Mit dem brasilianischen Ensemble Barbatuques, das mit dem ganzen Körper musiziert und der Band Yemen Blues des Sängers Ravid Kahalani stand Weltmusik auf dem Programm des Festivals Stimmen 2012 in Lörrach.
«Tschaa tachaa tschaa tekete» schallte es von der Bühne im Rosenfelspark von Lörrach, als das Ensemble Barbatuques unter rhythmischem Stampfen der Füsse auf den intensiv vibrierenden Holzboden das Podium betrat. Dessen nicht genug, reicherten die acht Musikerinnen und Musiker das rhythmisch wuchernde Geflecht noch zusätzlich durch pulsendes Klatschen in die Hände, auf die Backen und auf die Brust an.
Seit 1995 beschäftigt sich der brasilianische Musiker Fernando Barba mit dem sogenannten ‚body percussion’, eine dem Beatboxing des Hip Hop verwandte Spieltechnik, bei der Hände, Mund, Füsse inklusive dem als Resonanzraum dienenden Körper als Musikinstrumente eingesetzt werden. Zur Umsetzung seiner musikalischen Ideen gründete Barba das Ensemble Barbatuques, das im Rahmen des Festivals Stimmen 2012 in Lörrach einen lebhaften Einblick in sein musikalisch vielfältiges Schaffen gewährte.
Allein die Fülle an unterschiedlichsten Arten des Klatschens mit den Händen verblüffte: Klatschen mit hohlen Händen klingt anders als des Klatschen mit planen Handflächen. Klatschen auf den Handrücken, nur mit den Fingern, vor geöffnetem Mund, auf die Backen, auf die Schenkel der Beine, auf die Brust; der Fantasie der Musiker waren keine Grenzen gesetzt. Dazu kamen die Füsse, die Pauken gleich den treibenden musikalischen Boden eines Basses legten.
Neben Schnalzen und Poppen mit der Zunge rundeten die Musiker das rhythmische Gewebe durch einen akzentuierten Skatgesang ab, bei dem besonders der Chef der Truppe Fernando Barba mit seiner enorm tiefen Stimme auffiel. Gelegentlich aber griffen die Musiker auch zu Instrumenten wie etwa im Stück «Baião Destemperado», wo eine Naturflöte zum Einsatz kam oder in «Baianá», wo Fernando Barba mit der Maultrommel einen rhythmisch treibenden Groove legte.
Einziger Wehmutstropfen dieses Konzerts war der unangenehme Nieselregen, der das tapfer ausharrenden Publikum peu a peu durchnässte und sich schliesslich in einen Platzregen verwandelte, der dazu zwang, das fröhliche Treiben des Ensembles Barbatuques abzubrechen.
Nachdem Petrus doch noch ein Einsehen und der Regen aufgehört hatte, startete der zweite Act des Abends Yemen Blues rund um den jüdische Sänger mit jemenitischen Wurzeln Ravid Kahalani sein Konzert. Yemen Blues macht Weltmusik im Sinne des Wortes, in der die Band sowohl traditionelle als aktuelle Musikelemente mit teils jüdischem Hintergrund aus Amerika, Europa und dem arabischen Raum zu einem eigenständigen, dynamischen Musikstil zusammenmixt.
Neben den irrwitzig schnell gespielten, kantigen Riffs der beiden Bläser Matan Chapnizka und Rafi Malkiel bildeten die beiden Perkussionisten Rony Iwryn und Itamar Doari das eigentlich pulsende Herz der Band, das das musikalische Geschehen mit seinen intensiven Rhythmen vorwärts trieb. Wenn allerdings in ruhigen Stücken Elegie gefragt war, vermochte vor allem Shanir Blumenkranz mit seinem klangpoetisches Spiel ein seiner sphärisch perlenden Ut zu bezaubern. Die lyrische Klammer des Ensembles aber bildete Ravid Kahalani, der durch sowohl stilistisch als auch klanglich enorme Variabilität seiner silbrigen, gelegentlich sogar schneidend harten, hohen Stimme verblüffte.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung