Balkan-Express
Einmal mehr gastierte die Goran Bregović & his Wedding and Funeral Band im Vorprogramm des Jazzfestival Basel.
Es brodelte ganz ordentlich im grossen Musiksaal des Stadtcasinos Basel, als das Konzert des bosnischen Musikers, Komponisten und Bandleaders Goran Bregović mit seiner «Wedding and Funeral Band» seinen Höhepunkt erreichte. Bis auf wenige Ausnahmen waren alle auf den Beinen, tanzten oder wippten mit dem Oberkörper, klatschen im Rhythmus in die Hände und in den schmalen Gängen zwischen den Sitzreihen schwangen dicht gedrängt Paare ihr Tanzbein. Vor allem wenn die Band Power-Stücke wie etwa das vorwärtstreibende «Gas Gas», das fulminante «Presidente» oder das hammermässige «Kalashnikow» in den Saal wuchtete, gab’s kein Halten mehr. Vor allem die erstaunlich zahlreich erschienenen jungen Damen mit Wurzeln auf dem Balkan gerieten dann ganz aus dem Häuschen und brachen immer wieder in Jubel aus.
Schon mehrmals war Goran Bregović & his Wedding and Funeral Band in den vergangenen Jahren zu Gast beim Jazzfestival Basel und vor gut zwei Jahren hatte er zusammen mit dem griechischen Sänger Giorgos Dalaras in der AVO Session beeindruckt. Nicht zuletzt dank diesen Konzerten hat sich Bregović mit seinem irrwitzigen Balkan-Sound in all den Jahren in der Region eine treue Fangemeinde erspielt, war doch der grosse Musiksaal des Stadtcasinos bis auf den letzten Platz besetzt.
In den 1990er-Jahren wurde der in Sarajewo geborene Goran Bregović in Westeuropa durch seine Filmmusik berühmt, die er für den bosnischen Kultfilmer Emir Kusturica komponiert hatte. Damals wie heute im Stadtcasino überzeugt der Musiker durch seinen speziellen Sound, der auf der reichen Volksmusik seiner Heimat Bosnien-Herzegowina basiert. Weitere Stilelemente des Balkans mischt er dazu wie etwa die Musik der Roma oder Chorgesang aus Bulgarien. Selbst vor Rhythmen und Grooves aus Mittel- und Südamerika schreckt Bregović nicht zurück wie etwa der «Gypsy Reggae» oder das an den argentinischen Tango angelehnte «Ausencia» beweisen.
Am eindrücklichsten aber sind nach wie vor die virtuosen Bläser, die auf einem Altsaxophon, zwei trompetengleichen Flügelhörnern und zwei Tenorhörnern abartig schnell gespielte Bläserriffs und -linien runterrasen. Bei solchen Darbietungen können westeuropäische Musiker vor Neid nur noch erblassen. Mit Finger und Zungen schneller als der Flügelschlag eines Kolibris und mit Lippen stärker als Stahlseilen rasten Bregovićs Bläser mit unheimlicher Lockerheit durch ein rund zweieinhalbstündiges Programm.
Das zweite Standbein von Bregovićs Musik bilden die beiden bulgarischen Sängerinnen Daniela und Lyudmila Radkova. Tief verwurzelt in der bulgarischen Chortradition trugen sie mit ihren obertonreichen Stimmen mehrere zweistimmig gesungene Balladen vor. Frei von falscher Künstlichkeit, natürlich-herb und somit authentisch wirkte dieser Gesang, der unter die Haut ging. Und wenn’s dann wieder herzhaft-kräftig zu Sache ging, animierten die beiden Sängerinnen das Publikum mit ihren Backing Vocals immer wieder zum fröhlichen Mitsingen und liessen die beglückten Fans im siebenden Himmel schweben.
Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung